Am 26.10.2024 wurde im Schillertheater die Walpurgisnacht, die in der Nacht zum 1. Mai stattfindet, vor- oder nachgefeiert, je nachdem, wie man es sieht. Die Kinderoper der Komischen Oper Berlin feierte in diesem Jahr mit „Die kleine Hexe“ nach dem Kinderbuch von Otfried Preußler unter der Regie von Martina Gredler eine fulminante Abrakadabra-Inszenierung! Wie jedes Jahr fehlte es an nichts – auch nicht an der Begeisterung des Publikums.
“Komponist Franz Wittenbrink fasst das Streben der Titelfigur, eine gute Hexe zu werden, in ebenso mitreißende wie berührende Töne – inklusive Markttreiben, Waldtier-Chor und natürlich Walpurgisnacht!“ (aus der Stückebeschreibung)
Die meisten von uns kennen die Geschichte von der jungen Hexe, die sich nichts sehnlicher wünscht, als mit den anderen Hexen auf dem Blocksberg zu feiern. Entgegen dem Rat des Raben Abraxas ist sie des Wartens und Trübsalblasens müde und schleicht sich ins Getümmel der Walpurgisnacht. Doch der Spaß am bunten Treiben währt nur kurz und die kleine Hexe fliegt auf. Zur Strafe muss sie ohne Besen nach Hause laufen – erhält aber die Aussicht, beim nächsten Mal dabei sein zu dürfen, wenn sie sich bis dahin als gute Hexe erwiesen hat.
Aber was bedeutet es eigentlich, eine »gute« Hexe zu sein? Ich hatte das Glück, mit meinem kleinen Sohn (8 Jahre) und meiner großen Tochter (15 Jahre) die Aufführung gemeinsam zu erleben und anschließend von beiden zu erfahren, worum es in dem Stück aus ihrer Sicht ging. Die mittlere Schwester (12 Jahre) war nicht dabei. Ich bin mir aber sicher, dass sie sich mit der jungen Hexe und dem Drang, dabei zu sein, sich nichts sagen zu lassen und für ihre Rechte einzustehen, sehr verbunden gefühlt hätte.
Mit 15 Jahren, kurz vor dem Oberstufe, hat die mehrdeutige Interpretation des Begriffs „gut“ hingegen große Resonanz hervorgerufen:
„Heute verbindet man das Gute fast nur noch mit Leistung: gute Noten haben, gut dastehen, gute Ergebnisse erzielen. Aber die kleine Hexe dachte, es geht darum, ein guter Mensch zu sein: mitfühlend, aktiv, freundlich.“ (O-Ton, 15-jährige Zuschauerin)
Und das wäre fast in die Hose gegangen. Aber das Gute war schließlich, dass die Junghexe quasi nebenbei auch ihre Leistungen verbesserte und Zaubersprüche, die sie vorher ohne große Motivation, fast widerwillig geübt hatte, nun mit Motivation und dem Gedanken, Gutes zu tun, klappten!
In den Familienworkshops, die in Zusammenarbeit mit der Heinz und Heide Dürr Stiftung in frühkindlichen Bildungseinrichtungen, die nach dem Early Excellence-Ansatz arbeiten, und zur Vorbereitung auf den Besuch der Kinderoper durchgeführt werden, stehen deshalb in diesem Jahr die Themen Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Mut im Mittelpunkt.
„Die Heinz und Heide Dürr Stiftung unterstützt im Kulturbereich vor allem Theaterprojekte. Mit der Komischen Oper Berlin haben wir neue Erfahrungen gemacht und Kultur in unsere Bildungsprojekte getragen.“ (Isa Baumgarten, Vorstandsvorsitzende Heinz und Heide Dürr Stiftung)
Unser 8-jähriger Sohn geht seit seinem 3. Lebensjahr in die Kinderoper der Komischen Oper Berlin. In diesem Jahr war er sehr konzentriert, hat alles genau beobachtet und versucht zu verstehen, worum es geht. Besonders beeindruckt hat ihn das immer wiederkehrende musikalische Motiv, wenn die kleine Hexe ihren Zauberspruch spricht: Abrax Abrakadaaaaaaaaaaaaaaabrax. Kein Wunder, denn seit dem Erscheinen von Harry Potter im Jahr 2001 haben viele Kinder ab 6 Jahren ihre Magiebegeisterung über den Zauberkasten hinaus in die Kinderzimmer und ihre Spiel- und Phantasiewelt tragen können.
Und so hat wohl jede*r Zuschauer*in etwas aus dem Stück mitgenommen, angepasst an die eigene Realität, die gerade vorherrscht. Und das ist mir besonders aufgefallen: Trotz der dualistischen Frage nach Gut und Böse hat das Stück eine große psychodynamische Breite. Es gab Wut, es gab große Freude, Trauer, Mitgefühl, Selbstreflexion, Selbstbewusstsein und ganz viel tiefe Freundschaft.
Die kleine Hexe Franz Wittenbrink Kinderoper in zwei Akten [ 2024 ] Nach dem Kinderbuch von Otfried Preußler Libretto von Anne X. Weber und Susanne Lütje
Musikalische Leitung: Anne Hinrichsen Inszenierung: Martina Gredler Bühnenbild: Alfred Peter Kostüme: Dinah Ehm Choreografie: Martina Borroni Dramaturgie: Pia Syrbe Chor: Jean-Christophe Charron Kinderchor: Dagmar Barbara Fiebach Licht: Johannes Scherfling Foto: Jan Windszus Photography
© Jan Windszus Photography
Am 26.10.2024 wurde im Schillertheater die Walpurgisnacht, die in der Nacht zum 1. Mai stattfindet, vor- oder nachgefeiert, je nachdem, wie man es sieht. Die Kinderoper der Komischen Oper Berlin feierte in diesem Jahr mit „Die kleine Hexe“ nach dem Kinderbuch von Otfried Preußler unter der Regie von Martina Gredler eine fulminante Abrakadabra-Inszenierung! Wie jedes Jahr fehlte es an nichts – auch nicht an der Begeisterung des Publikums.
Die meisten von uns kennen die Geschichte von der jungen Hexe, die sich nichts sehnlicher wünscht, als mit den anderen Hexen auf dem Blocksberg zu feiern. Entgegen dem Rat des Raben Abraxas ist sie des Wartens und Trübsalblasens müde und schleicht sich ins Getümmel der Walpurgisnacht. Doch der Spaß am bunten Treiben währt nur kurz und die kleine Hexe fliegt auf. Zur Strafe muss sie ohne Besen nach Hause laufen – erhält aber die Aussicht, beim nächsten Mal dabei sein zu dürfen, wenn sie sich bis dahin als gute Hexe erwiesen hat.
Aber was bedeutet es eigentlich, eine »gute« Hexe zu sein? Ich hatte das Glück, mit meinem kleinen Sohn (8 Jahre) und meiner großen Tochter (15 Jahre) die Aufführung gemeinsam zu erleben und anschließend von beiden zu erfahren, worum es in dem Stück aus ihrer Sicht ging. Die mittlere Schwester (12 Jahre) war nicht dabei. Ich bin mir aber sicher, dass sie sich mit der jungen Hexe und dem Drang, dabei zu sein, sich nichts sagen zu lassen und für ihre Rechte einzustehen, sehr verbunden gefühlt hätte.
Mit 15 Jahren, kurz vor dem Oberstufe, hat die mehrdeutige Interpretation des Begriffs „gut“ hingegen große Resonanz hervorgerufen:
Und das wäre fast in die Hose gegangen. Aber das Gute war schließlich, dass die Junghexe quasi nebenbei auch ihre Leistungen verbesserte und Zaubersprüche, die sie vorher ohne große Motivation, fast widerwillig geübt hatte, nun mit Motivation und dem Gedanken, Gutes zu tun, klappten!
In den Familienworkshops, die in Zusammenarbeit mit der Heinz und Heide Dürr Stiftung in frühkindlichen Bildungseinrichtungen, die nach dem Early Excellence-Ansatz arbeiten, und zur Vorbereitung auf den Besuch der Kinderoper durchgeführt werden, stehen deshalb in diesem Jahr die Themen Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Mut im Mittelpunkt.
Unser 8-jähriger Sohn geht seit seinem 3. Lebensjahr in die Kinderoper der Komischen Oper Berlin. In diesem Jahr war er sehr konzentriert, hat alles genau beobachtet und versucht zu verstehen, worum es geht. Besonders beeindruckt hat ihn das immer wiederkehrende musikalische Motiv, wenn die kleine Hexe ihren Zauberspruch spricht: Abrax Abrakadaaaaaaaaaaaaaaabrax. Kein Wunder, denn seit dem Erscheinen von Harry Potter im Jahr 2001 haben viele Kinder ab 6 Jahren ihre Magiebegeisterung über den Zauberkasten hinaus in die Kinderzimmer und ihre Spiel- und Phantasiewelt tragen können.
Und so hat wohl jede*r Zuschauer*in etwas aus dem Stück mitgenommen, angepasst an die eigene Realität, die gerade vorherrscht. Und das ist mir besonders aufgefallen: Trotz der dualistischen Frage nach Gut und Böse hat das Stück eine große psychodynamische Breite. Es gab Wut, es gab große Freude, Trauer, Mitgefühl, Selbstreflexion, Selbstbewusstsein und ganz viel tiefe Freundschaft.
Die kleine Hexe
Franz Wittenbrink
Kinderoper in zwei Akten [ 2024 ]
Nach dem Kinderbuch von Otfried Preußler Libretto von Anne X. Weber und Susanne Lütje
Musikalische Leitung: Anne Hinrichsen
Inszenierung: Martina Gredler
Bühnenbild: Alfred Peter
Kostüme: Dinah Ehm
Choreografie: Martina Borroni
Dramaturgie: Pia Syrbe
Chor: Jean-Christophe Charron
Kinderchor: Dagmar Barbara Fiebach
Licht: Johannes Scherfling
Foto: Jan Windszus Photography