Adventskalender 2019

Georg Scharegg

Georg Scharegg ist künstlerische Leitung und Regisseur am Theaterdiscounter Berlin.

Wofür würden Sie stiften?

“Im Sturm der technologischen Entwicklung die wir erleben, im ungebremsten Sog einer Zentralisierung und Online-isierung aller Lebens- und Wirtschaftsbereiche, die in dieser Form in der Geschichte beispiellos ist, ist es gut, kleine Ankerplätze zu finden, auf denen sich Menschlichkeit und Miteinander wieder formen und zur größeren Gegenbewegung ausholen können. Die Robotisierung zeigt, wie wenig auf das menschliche Wiedererwachen verzichtet werden kann. Der weit verbreitete Glaube an die künstliche Intelligenz zeugt von der schwindenden natürlichen, aber diese wird wieder erstarken, und dazu tragen einzelne, kleine Ansätze mehr bei, als wir uns alle so zutrauen!

In vielen Bereichen gibt es diese Warnungen oder Widerstandsnester gegen ungebremste Kapitalisierung und Ökonomisierung durch die Datenströme natürlich noch: im guten Journalismus (dem aber seine Medien unter den Füßen weggezogen werden), bei NGOs und Wissensplattformen; in der Klimabewegung Fridays, die die momentan beste Form eines Aufwachens aus dem Weiter-So darstellt (und die sich genuin off-lineformierte)!

Es ist also nicht zu spät für gar nichts, aber wir müssen selbst was tun, noch so kleine Initiativen starten, die eine disziplinen-übergreifende Kraft entwickeln. Nicht mehr jede/r auf seinem Gebiet, in ihrer Sparte, ist die Devise; wir müssen die Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit bedenken. Es muss eine Gegenbewegung der menschlichen Selbstreflexion geben, fürs große Ganze einer nachhaltigen Zukunft für den Planeten, und dafür sind die gemeinnützigen Stiftungen ein Beispiel und Wendepunkt!

„Gewöhnlichen Menschen nimmt man die Produktivität und zwingt sie in einen Tausch- und Reputationsstress“ – sagen Nach-Denker über die Digitalisierung und meinen die Survival-of-the-Fittest-Plattformen von Google bis Airbnb, die uns zu gefügigen Mitspielern nur scheinbar gemeinschaftlicher Geschäftsmodelle machen.

Gute Kunst und Kultur ist die wirksamste Subversion gegen den Sturm in Richtung scheinbarem Paradies der Verfügbarkeit! Nicht Kunst-Engagement als Fortschreibung von Genie-Kult oder als Sonderwährung für wenige; nein: prozesshafte und partizipative Kultur, soziale Skulptur, Parliament of the Bodies, Art Talks – an solche bereits existierende Formate, die eine neue verantwortungsvolle kulturelle Öffentlichkeit formen, müssen wir anknüpfen. 

Wir alle werden Kunst und Kultur sogar dringend brauchen – im Übergang zu einer anderen Art von Arbeitsgesellschaft! Künstler/innen vieler Disziplinen sind höchst erfahrene Sozionauten – vor Ort und im Netz. Sie können visualisieren und zum frappierenden Erlebnis machen, wo die Gesellschaft dann mit konkreten Maßnahmen ansetzt – bei Verkehr, Energie, Nahrungsproduktion und Naturerhalt!

Mit gemeinnützigem Stiften für eine breite Kunst- und Kulturproduktion sitzt man am richtigen Hebel – und triggert über den wichtigen ästhetischen Filter nachhaltige gesamtgesellschaftliche Arbeit!

© Ingo Hoehn

Mehr zu Georg Scharegg

Erfahren Sie mehr zu unseren Projekten in unserem Newsletter aus den Bereichen Bildung, Kultur und Forschung.