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Bildung im Schüttzimmer-ein Ort für Schemaerfahrungen

Unsere Einrichtung in Trägerschaft von Kita Frankfurt, im Frankfurter Norden, betreut 90 Kinder im Alter von 12 Wochen bis zum Schuleintritt. Unsere Einrichtung hat Schwerpunkträume und arbeitet seit vier Jahren nach dem Early Excellence-Ansatz.  

Nachdem die Grundlagen des Early Excellence-Ansatzes implementiert waren, ging es mit Blick auf das Ausleben der Schemas im Alltag, in die Umgestaltung der Funktionsräume und um eine ideale Materialwahl. Hier entstand die Idee eines Schüttzimmers.

In diesem Raum befindet sich eine große Sandkiste, bodentief, die mit Rapssamen gefüllt ist. Zudem sind verschiedene Materialien zum Schütten und Füllen verfügbar, ebenso wie kleine Baufahrzeuge und Besen. Zusätzlich ist ein Wassersandtisch mit den Samen gefüllt, um im Stehen daran arbeiten zu können.

Die Schematheorie, basierend auf Piagets Arbeit zur kognitiven Entwicklung, geht davon aus, dass Kinder durch die Anwendung und Weiterentwicklung von Handlungsmustern ihre kognitive Entwicklung vorantreiben. Durch Versuch und Irrtum und Wiederholung erkennen Kinder Zusammenhänge und können sich somit ihre Welt erschließen und abstraktes Wissen aneignen.

Das Schüttzimmer bietet die Möglichkeit, viele Schemas zu erproben und zu verfeinern: Dies sind zum einen die Schemas Linien, Anhäufen, Zerstreuen, Innen/Außen und Umhüllen. Mit Hilfe von Material ist es des Weiteren möglich, die Schemas Füllen, Packen, Transportieren, Vorwärts/Rückwärts, un Durch-etwas-hindurch auszuleben. Die Kinder erleben hier im Freispiel sehr intensiv ihre Selbstwirksamkeit.

Bei der Materialwahl für die Schüttkiste war es uns wichtig, dass dieses rieseln und ähnlich wie Wasser oder Sand geschüttet werden kann. Rapssamen werden in der Ergotherapie eingesetzt und bieten neben den Schütterfahrungen ebenfalls Sinnes- und Körperwahrnehmungserfahrungen.

Das Schüttzimmer bietet eine ideale Möglichkeit, den Bildungsbereich Mathematik im Freispiel abzudecken.  Dies sind unter anderem Mengen und Volumenerfahrungen, Verständnis von Höhen, Längen, Kraft/Wiederstand sowie Erfahrungen mit Objektpermanenz sowie Raum-Lageerfahrungen.

Neben dem mathematischen Bildungsbereich können die Kinder im motorischen Bildungsbereich ihre Feinmotorik und Auge-Hand-Koordination verfeinern sowie Erfahrungen im sozial emotionalen Bildungsbereich machen.

Wie bereits Chris Athey sagte, ist Bildung eine Reise und kein Wettrennen.

Bildung ist ein individueller Aneignungsprozess und benötigt Zeit. Aus diesem Grund ist das Schüttzimmer jederzeit frei zugänglich. Hiermit wird auch der pädagogischen Strategie, der konsequenten Bedürfnissorientierung Sorge getragen. 

Anders als bei einem Sandkasten, der meist nur zugänglich ist, wenn die Fachkräfte ins Außengelände gehen und das Wetter dies zulässt, ist das Schüttzimmer wetterunabhängig nutzbar. Die Kinder können jederzeit und unabhängig von einer Fachkraft das Schüttzimmer nutzen. 

Vor einiger Zeit stellte sich zudem heraus, dass das Schüttzimmer ein ideales Element ist, um die Eingewöhnungen in unserem Kinderzentrum positiv zu unterstützen. Ebenfalls konnten wir beobachten, dass die Kinder dieses Zimmer zum Stressabbau aufsuchen und sich entspannen können. 

Zu guter Letzt können wir aus der Praxis berichten, dass auch die bereitstehenden Besen intensiv genutzt werden, um weitere Schemas auszuleben und zudem spielerisch beim Aufräumen zu helfen.

Natalie Schmitz (Early Excellence-Beraterin) Kita Frankfurt

Sonja Wolf (Early Excellence-Beraterin) Kita Frankfurt