Die Gegenwartsdramatik zeigt sich in diesem Festivaljahr spielstark und engagiert wie lange nicht.
Doris Meierhenrich in der Berliner Zeitung vom 10.05.2023

Autor:innentheatertage 2023
In diesem Jahr hatten die Autor:innentheatertage eine Auslastung von fast 90 Prozent. Das liegt sicher auch daran, dass sich das Gastspielprogramm in diesem Jahr besonders öffnungsstark und spielfreudig präsentierte. „Im Menschen muss alles herrlich sein” von Sasha Marianna Salzmann (Thalia Theater) erzählte von Krieg und (post-)migrantischer Identitätssuche. „Sonne, los jetzt!” von Elfriede Jelinek (Schauspielhaus Zürich) und „Hänsel & Greta & the big bad witch” (Theater Bern) thematisierten den Klimawandel. „Johann Holtrop” (Schauspiel Köln & Düsseldorf) und „Wilhelm Troll” (Theater Basel) setzten den „alten, weißen Mann” in den Mittelpunkt.
Ergänzt wurden die Aufführungen durch Nachgespräche mit Regisseur*innen, Autor*innen und Künstler*innen. Diese erfreuten sich vermutlich auch deswegen großer Beliebtheit beim Publikum, weil nach den Pandemie-Jahren nun wieder die Möglichkeit bestand, Nähe herzustellen und direkt miteinander ins Gespräch zu kommen.
Ein weiterer Fokus des diesjährigen Festivals bestand darin, für Dramatiker*innen, Theatermacher*innen, Literaturagent*innen und Verleger*innen Vernetzungsmöglichkeiten zu schaffen. Kooperationen mit Partnerinstitutionen kamen ebenso eine große Bedeutung zu. All dies zusammen machte aus den Autor:innentheatertagen einen Marktplatz für neue Dramatik und einen Ort, an dem um die großen Fragen gemeinsamer Theater- und Textarbeit durch Fachpublikum wie auch interessierte Besucher*innen gerungen werden konnte.
Wie schon in den Vorjahren bildete die „Lange Nacht der Autor:innen” das Herzstück des diesjährigen Festivals. Neu war in diesem Jahr die prominente Platzierung der „Langen Nacht“ als Auftaktveranstaltung sowie die Entscheidung, die folgenden drei Uraufführungen im letzten Jahr der Intendanz von Ulrich Khuon vom Deutschen Theater selbst zu produzieren: Caren Jeß: Dem Marder die Taube (Regie: Stephan Kimmig), Nele Stuhler: Gaia am Deutschen Theater (Gö) (Regie: Sarah Kurze) und Lukas Bärfuss: Verführung (Regie: András Dömötör).
Das Ende der Intendanz von Ulrich Khuon am Deutschen Theater Berlin lässt den Blick zurückschweifen: Von Ulrich Khuon am Staatstheater Hannover gegründet, kam das Festival über das Thalia Theater Hamburg im Jahr 2010 ans Deutsche Theater Berlin. In diesem Jahr fanden die Autor:innentheatertage in ihrer achtundzwanzigsten Ausgabe statt. Als jährlich stattfindendes Junifestival ist es seit 14 Jahren fester Bestandteil des Berliner Kulturkalenders.
Den Stellenwert, den dieses einzigartige Festival in der deutschsprachigen Theaterlandschaft erlangt hat, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass die neue DT-Intendantin Iris Laufenberg das Festival fortführen möchte, ebenso wie die Heinz und Heide Dürr Stiftung ihre Förderung des deutschsprachigen Theaters am Deutschen Theater Berlin.