Nach 14 Jahren als Intendant des Deutschen Theater Berlin verabschiedet sich Ulrich Khuon und blickt im Interview zurück auf die Anfänge der Autor:innentheatertage und nach vorn.
HHD Stiftung: Wie kamen die Autor:innentheatertage nach Berlin?
Ulrich Khuon: Die Autor:innentheatertage begleiten mich und mein Team schon sehr lange. Denn die Zusammenarbeit mit Autor:innen ist für uns von höhster Bedeutung. In meiner Intendanz-Zeit in Hannover entstand die Idee, diese Zusammenarbeit zu bündeln - in Form eines Festivals. Unsere Bemühungen bekamen eine Ausdrucksform. Die Stücke begegneten dem Publikum. Diese Begegnung konnte durch das Format Festival gebürtig gefeiert werden. In Hannover gründeten wir also die Autor:innentheatertage, die wir dann im Jahr 2000 mit an das Thalia Theater in Hamburg nahmen. Als ich dann vor 14 Jahren nach Berlin an das Deutsche Theater wechselte, war es unser Vorschlag an den damaligen Oberbürgermeister Klaus Wowereit, die ATT hier in Berlin weiterzuentwickeln. Schließlich ist das kein statischer Vorgang, sondern ein Entwicklungsprozess, der auch finanziert werden muss. Diese Idee traf auf offene Ohren. So haben wir dann viele Förder:innen für unsere Idee gefunden.
HHD Stiftung: Wie sehen Sie die Weiterentwicklung der Autor:innentheatertage?
Ulrich Khuon: Die Weiterentwicklung der ATT resultiert aus der Bedeutung des Publikums für das Theater und das sich selbst verändernde Theater. In den letzten 20 Jahren haben sich viele weitere Formate in der Theaterwelt entwickelt, z.B. das Performative oder der Übergang zum Tanz. Es wurden neue transformierende Elemente in der Theatersprache groß gemacht. Zum Beispiel das partizipative Theater hat an großer Bedeutung gewonnen. Es gibt Schüler:innen und Erwachsenen, die keine professionellen Schauspieler*innen sind dafür aber die Expert:innen des Alltag, die Möglichkeit ihre Themen auf der Bühne auszudrücken. Das ist wirklich hochinteressant. Diese Vielzahl an Ansätzen, wie Theater der Wirklichkeit begegnet. Das hat sich ausgeweitet und das ist auch gut so. Aber die Bedeutung der Texte für diese Weiterentwicklung, insbesondere um die Stücke zum Blühen zu bringen, ist etwas unsinkbares am Theater. Es ist eine wichtige Form am Theater, ein Stück zu entwickeln. Die Ästhetik des Textes, die Form des Textes und auch das "Was mache ich jetzt mit dem Text" spielen eine große Rolle für das Theater.
HHD Stiftung: Was wünschen Sie sich für die gegenwärtige Theaterwelt und was möchten Sie zukünftigen Autor:innen mit auf den Weg geben?
Ulrich Khuon: Das Theater braucht weiterhin die Sensibilität für das Weltgeschehen. Die Autor:innen brauchen die Unterstützung, aber in erster Linie brauchen sie die eigene Energie, spielbare Texte zu schreiben. Texte, die ihre eigenen Begegnungen mit dieser Welt widerspiegeln. Ich finde es wichtig zu sagen, dass Theater und das Spiel nie ein "Meinungsmacher" sein sollten. Das Theater sollte die Möglichkeit bieten, Streitfelder und Gegensätze aufzuzeigen und diese aufzulösen. So können gesellschaftliche Fragen auf der Bühne verhandelbar werden und im Spiel einen Freiraum bekommen. Dadurch verändern auch die Zuschauer:innen ihren ganz eigenen Blick auf diese Dinge. Sie erhalten Impulse, ihre ganz eigene Meinung zu entwickeln. Das ist für mich wichtig zu betonen, Theater begegnet der Welt und greift sie auf. Doch sie bleibt dennoch eine Kunstform.
Vielen Dank für das Gespräch.