Seit nun mehr als sieben Jahren leitet Matthias Schulz die Berliner Staatsoper Unter den Linden als Intendant. Als studierter Konzertpianist und Volkswirt bringt er nicht nur das musikalische Gespür, sondern auch den unternehmischeren Geist für diese wichtige Tätigkeit mit. Musikpädagogik und frühkindliche Bildung liegen ihm sehr am Herzen, weshalb er in Kooperation mit der Karl Schlecht Stiftung und der Heinz und Heide Dürr Stiftung das "Opernkinderorchester" ins Leben rief. Darüber sprachen wir mit ihm im 3 Fragen-Interview.

1. Herr Schulz, wie kamen Sie zu der Idee, ein Opernkinderorchester im Programm der Staatsoper Unter den Linden zu etablieren?

Matthias Schulz: "Jungendorchester gibt es ja durchaus einige, aber Kinderorchester tatsächlich nicht – dabei kann man mit Orchestererfahrungen gar nicht früh genug anfangen. Das war der Ausgangspunkt der Gründungsidee. Die Ausbildung in unseren Musikschulen ist sehr stark auf Einzelunterricht konzentriert, damit wird das extrem wichtige Fundament gelegt. Das Opernkinderorchester gibt zusätzliche Impulse.

Ich sage immer gerne, das ist wie beim Joggen: wenn man in der Gruppe läuft, läuft man automatisch schneller und weiter ohne das wirklich zu spüren. So ist es beim Musizieren auch: die Kinder spielen so viele Seiten Musik und üben viele Stunden zusätzlich mit Freude. Im Orchester macht man zusammen Musik, ist ein Team, es entstehen auch Freundschaften – das alles motiviert die Kinder ungemein. Das Projekt ergänzt die wunderbare Arbeit der Musikschulen, die essentiell ist. Und ohne die Unterstützung der Musikschulen würde es das Projekt auch gar nicht geben. Alle 12 bezirklichen Musikschulen Berlins empfehlen uns Kinder. Außerdem sind, neben den Musiker:innen der Staatskapelle Berlin, auch die Musikschullehrer:innen als Mentor:innen involviert. Hier geht es auch um eine Vernetzung in die Stadt hinein – es ist wichtig, dass wir als Institutionen da Hand in Hand gehen und uns gegenseitig unterstützen. Für die Kinder bedeutet das Projekt, neben Spaß und Gemeinschaft, eine Begegnung mit herausragenden Künstler:innen, das Kennenlernen besonderer Spielorte und eine internationale Plattform. Es war z.B. immer klar, dass das Opernkinderorchester bei uns während der FESTTAGE die große Bühne bespielt  – prominenter geht es nicht. Es ist immer eine große Freude zu sehen, wie stolz die Kinder auf ihre Auftritte sind und auf das, was sie zusammen erarbeitet haben.“

2. Wie prägt das Lernen eines Instruments Kinder in ihrer persönlichen Entwicklung? Spielen Ihre Kinder ein Instrument?

Matthias Schulz: "Ja, alle meine Kinder spielen ein Instrument – und machen übrigens auch einen Sport im Verein. Beides ist überaus wichtig für die Entwicklung. Man entwickelt beim Erlernen eines Instruments so viele Fähigkeiten: Konzentration, kreativ mit Fragestellungen umzugehen, Lösungswege zu suchen. Die Koordinationsfähigkeiten werden geschult, die Frustrationstoleranz wird ausgebaut und viele Regionen im Gehirn werden angesprochen, die für die Entwicklung wichtig sind. Man lernt auch, dass konzentriertes Arbeiten manchmal in kleinen Schritten nötig ist, um ein größeres Ziel zu erreichen – das fördert auch das Selbstbewusstsein, wenn man das dann geschafft hat. Da gibt es so viele Vorteile. Gerade das Musizieren im Orchester schult, wie auch der Mannschaftssport, außerdem die Teamfähigkeit und – im wahrsten Sinne – die Fähigkeit, sich gegenseitig zuzuhören. All das sind, über das reine Musikmachen hinaus, wertvolle Erfahrungen für das Leben. Und Spaß macht es auch!”

3. Sie selbst spielen Klavier und haben früh eine musikalische Ausbildung genossen, gab es damals einen Zeitpunkt, an dem Sie am liebsten aufgehört hätten und, wie sind Sie doch dabei geblieben?

Matthias Schulz: "Ich selbst habe mit fünf Jahren angefangen, Klavier zu spielen. Mit sieben kam das erste größere öffentliche Vorspiel, mit elf Jahren erstmals ein Haydn-Klavierkonzert mit Orchester, dann Wettbewerbe wie Jugend musiziert und schließlich die Aufnahmeprüfung an der Hochschule mit 17 Jahren  – es sind also immer neue Etappenziele gekommen, die mich motiviert haben.  „Echte Stücke“ spielen zu können war immer ein großer Ansporn für mich. Die Klavierliteratur ist so reich und man hört nie auf, neue tolle Werke zu entdecken. Selbstverständlich gab es auch Momente, in denen es weniger Spaß gemacht hat. Es ist daher umso wichtiger, dass man täglich dran bleibt, auch wenn es einmal nur sehr kurz ist – und darin eine gewisse Routine und Disziplin findet. Eine große Regelmäßigkeit ist sehr wichtig – das Üben muss eigentlich so selbstverständlich werden wie Zähneputzen. Man lernt über das Klavierspielen auch immer interessante Leute kennen – das habe ich so zumindest wahrgenommen…"

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

> Mehr zum Opernkinderorchester!> Mehr Interviews