Charlotte Schings ist Doktorandin an der Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft. Sie beschäftigt sich dabei mit der Ladeinfrastruktur für Elektroautos im öffentlichen Raum. Die Bundesregierung hat sich hier ambitionierte Ziele gesetzt und Charlotte Schings untersucht, wie der Staat - vor allem der Gesetzgeber - den Ladesäulenaufbau „besser“ fördern und regulieren kann, damit die Ziele am Ende erreicht werden. Weil wir noch ein wenig auf die Fertigstellung warten müssen, wollten wir vorab von Frau Schings schonmal einige Dinge wissen...

1. Welche 3 Argumente sprechen aus Ihrer Sicht am meisten für die Nutzung von Elektroautos?

Charlotte Schings: "Umwelt- und Klimaschutz sprechen dafür, schon heute ein Elektroauto zu nutzen, sei es als eigener oder als über ein Carsharing-Unternehmen genutzter Pkw. Elektrofahrzeuge stoßen nahezu keine Luftschadstoffe aus und tragen so zur Verbesserung der Luftqualität in Städten und sonstigen Ballungsgebieten bei; zudem vermögen sie die Lärmbelastung deutlich zu senken. Im Gleichlauf mit der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Strommix werden Elektroautos auch die CO2-Emissionen im Verkehrssektor signifikant senken. Obwohl noch immer ein Großteil des Stroms aus fossilen Brennstoffen stammt, haben Elektroautos bereits heute eine bessere Ökobilanz als konventionelle Verbrenner. Nicht zuletzt können Elektroautos in großer Anzahl einen gewichtigen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität leisten, indem ihre Batterien als mobile Stromspeicher eingesetzt werden. Die Fahrzeuge können dann, solange sie über eine Ladesäule mit dem Stromnetz verbunden sind, in Starklastzeiten Strom speichern und ihn bei Bedarf wieder ans Netz zurückgeben. Das ist angesichts der volatilen Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen von großer Bedeutung für das Gelingen der Energiewende."

2. Wielange dauert und wieviel kostet die Implementierung von einem Ladesäulenpunkt?

Charlotte Schings: "Nach dem (sicherlich nicht umfassenden) Marktüberblick, den ich mir als Juristin bislang verschaffen konnte, sind die Kosten für Ladetechnik in den letzten Jahren, anders als prognostiziert, kaum gesunken. Grundsätzlich verfügt eine Ladesäule über zwei Ladepunkte. Wie teuer die Installation ist, hängt in erster Linie von der Ladeleistung ab. „Normalladestationen“ (bis 22 kW Ladeleistung) sind etwa ab 2000€, „Schnellladestationen“ (bis 300 kW Ladeleistung) ab 12.000€ zu haben. Der Preis setzt sich aus den Kosten für die Hardware, den Netzanschluss, die Standortplanung, den Erhalt der entsprechenden Genehmigungen und den Baukosten zusammen. Hinzu kommen selbstverständlich noch die laufenden Kosten. Dabei sind allerdings noch nicht die finanziellen Zuschüsse einberechnet, welche die Bundesregierung für den Aufbau öffentlicher Ladesäulen gewährt – diese betragen derzeit je nach Standort und Ladeleistung bis zu 50% der Kosten für die Installation und den Netzanschluss. Auch lassen sich die Kosten für die Ladesäule deutlich senken, indem der Stromzähler im Ladekabel verbaut wird.Private Ladelösungen (Wandladestationen für die heimische Garage) gibt es dagegen bereits ab 500€.
Wie lange die Implementierung eines Ladepunktes dauert, vermag ich nicht zu sagen. Ich nehme an, dass sich dies maßgeblich nach der Zeit bemisst, die es braucht, bis die staatlichen Fördergelder an den Ladesäulenbetreiber ausgeschüttet und die notwendigen Genehmigungen erteilt werden."

3. Würden Sie sagen, dass das Ziel der Bundesregierung von 1 Millionen Ladepunkten in 2030 erreicht wird?

Charlotte Schings: "Damit es im Jahr 2030 wirklich 1 Million öffentlich zugängliche Ladepunkte gibt, muss sich noch einiges tun. Eine reine finanzielle Förderung des Aufbaus öffentlicher Ladesäulen wird nicht genügen; stattdessen bedarf es hier zumindest flankierender ordnungsrechtlicher Maßnahmen, insbesondere einer Verpflichtung bestimmter Privatunternehmen zum Ladesäulenaufbau. Der Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung verspricht bereits entsprechende Versorgungsauflagen für Tankstellen. Nicht nur auf Bundes-, sondern vor allem auch auf kommunaler Ebene bedarf es jedoch noch weiterer Anstrengungen, um die Zahl der öffentlichen Ladepunkte so signifikant zu erhöhen (derzeit gibt es in Deutschland nämlich erst ca. 21.000 öffentliche Ladepunkte). Dass die Notwendigkeit eines flächendeckenden Ladeinfrastrukturaufbaus spätestens mit dem Klimaschutzprogramm im September 2019 so ins Zentrum der Bemühungen gerückt ist, gibt jedoch Anlass zur Hoffnung."

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

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