30. Januar 2020 | Bildung | Impulsgespräche

Dagmar Lenz

Dagmar Lenz, Regionalleiterin des Kitawerks in Flensburg, verrät im Interview, wie sie beruflich zu Early Excellence gekommen ist und welchen Stellenwert der Ansatz in ihrer täglichen Arbeit hat. 

HHD Stiftung: Können Sie uns die Weichenstellungen beschreiben, die Sie zu Early Excellence geführt haben?

Dagmar Lenz: In einem Dorf bei Flensburg aufgewachsen, meine Eltern waren mit ihrer Berufstätigkeit und ihrem Hausbau viel beschäftigt, machte ich mich sehr früh auf den Weg, meine damals noch kleine Welt zu erkunden. Mein Leben fand zunächst auf den Straßen meines Dorfes statt. Dort traf ich mich mit den anderen Dorfkindern. In großen Gruppen durchstreiften wir die Neubaugebiete, spielten und tobten, bis wir groß genug waren, um den Flipperraum unserer Dorfschänke zu erobern. Ich selbst habe übrigens nie eine Kita besucht.

Der Schulwechsel in die „große Stadt“ eröffnete mir neue Horizonte. Ich entschied mich für eine Ausbildung zur Erzieherin und lernte vielfältige pädagogische Wirkungsfelder kennen. In den ersten zehn Jahren nach meiner Anerkennung als Erzieherin war ich in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit tätig.

Die professionelle Förderung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen auf ihrem Weg in ihre ureigene erwachsene Selbständigkeit war mir eine Herzensangelegenheit. Dies mag durch einen reflektierten Blick auf meine eigene Kindheit und Jugend begründet sein. Integrations- und Sozialisationsprozesse einzuleiten und zu fördern und dies stets mit dem Fokus auf die Persönlichkeit meines Gegenübers standen für mich immer im Mittelpunkt. Dabei bezog ich das familiäre, schulische und soziale Umfeld der Kinder und Jugendlichen explizit mit ein, um ganzheitlich wirken zu können. Ich entwickelte Ideen, Veranstaltungen und Projekte, mischte mich erfolgreich in die konzeptionelle Ausrichtung der Flensburger Jugendarbeit ein und übernahm zusehends auch Leitungsaufgaben. 

Auch schon in dieser Zeit habe ich mich stetig weiterentwickelt, initiierte Team- und Fallsupervisionen, nahm erfolgreich an einer zertifizierten Fortbildung Gestalttherapie teil, absolvierte berufsbegleitend eine Ausbildung zur Lerntherapeutin nach FiL, um dann eine Zusatzqualifikation als Kindertherapeutin anzuschließen. Hier bekam ich tiefe und fachfundierte Einblicke in psychologische Lern- und Entwicklungsprozesse.

Nach einer fünfjährigen Selbständigkeit als Lerntherapeutin wechselte ich 2012 in die Fachberatung und später Regionalleitung des evangelischen Kindertagesstättenwerkes des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg. Hier bin ich vielfältig gefordert und trage unter anderem die Verantwortung für die Organisationsentwicklung von 24 Kindertagesstätten.

HHD Stiftung: Welchen Herausforderungen stellen Sie sich in Ihrer täglichen Arbeit? 

Dagmar Lenz: Als Regionalleiterin mit der konzeptionellen und fachlichen Verantwortung für 24 Einrichtungen, 24 Leitern*innen, 24 Teams und mehr als 1500 Kindern und ihren Eltern sehe ich mich verpflichtet, gemeinsame Standards zu entwickeln, die zum Wohle aller umgesetzt werden. Hier galt es vom ersten Tag an, vor allem an der inneren Haltung aller beteiligten Pädagogen*innen und an einem gemeinsamen Bild vom Kind zu arbeiten. Alle weiteren Reformen, Veränderungen und Entwicklungen in den Kindertagesstätten meines Zuständigkeitsbereiches sind folgerichtige Konsequenzen dieser Leitbildprozesse. So wurde auch die „Partizipation von Kindern“ zu einem wichtigen Querschnittsstandard unserer Arbeit in den Kitas.

HHD Stiftung: Welche Visionen verfolgen Sie und dies auch in Bezug auf den Ansatz von Early Excellence?

Dagmar Lenz: Durch eine Ausschreibung der Volkshochschule Hannover aufmerksam geworden und fasziniert von den Grundaussagen des EE-Ansatz begann ich 2014 die Weiterbildung zur Early Excellence-Beraterin. Dort lernte ich Andreas Reith kennen, der für meine Region ganz im Norden zuständig ist. Ich bat ihn, eine Einführung in den EE-Ansatz für die Kitaleitungen am Osterberg Institut anzubieten. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in die pädagogische Arbeit der Kitas weitergetragen und in die tägliche Arbeit integriert. Dies gelang dadurch, dass ich intensive Fortbildungsmaßnahmen für Kita-Leitungen und Teamtage in den Einrichtungen durchführte. Der eingeleitete Perspektivwechsel durch den EE-Ansatz hat den Fokus und die Haltung der Mitarbeitenden im Umgang mit den Kindern sehr positiv verändert.

Etwas später organisierte ich zusammen mit Barbara Kühnel einen weiteren Fortbildungstag zum Beobachtungsverfahren. Schließlich lud ich Barbara Kühnel und Andreas Reith ein, um ihnen die professionelle Arbeit am Beispiel von drei meiner Einrichtungen vor Ort zu präsentieren. Ihre Rückmeldung bestätigte, dass wir uns hier im Norden nicht nur auf dem richtigen Weg befinden, sondern dass wir in der Umsetzung bereits sehr weit fortgeschritten sind. Das beflügelt alle Beteiligten! Die Auseinandersetzung mit dem Ansatz `Early Excellence´ war also eine Initialzündung auf dem Weg zu einer noch weitreichenderen kindgerechten Arbeit mit den Kindern und Familien.

Die Weiterbildung zur QM- Beraterin ISO 9001 und des Diakonie-Siegels waren für mich folgerichtig. Seit nunmehr drei Jahren entwickle ich gemeinsam mit den Leitern*innen die Implementierung der „offenen Werkstattarbeit“ in unseren Häusern. Hier wurden Ansätze des EE-Ansatzes mit den Grundideen der Reggio- Pädagogik bereits sehr erfolgreich umgesetzt. Ein Highlight auf diesem neu eingeschlagenen Weg war mein mehrtägiger Besuch mit 16 Kita-Leitern*innen in Reggio Emilia im März 2019 und ein Gegenbesuch der Italienischen Reggio- Referentin auf unserem Fachtag mit über 200 Mitarbeitern*innen im November 2019. 

Wir sind uns sicher: Wir sind fachlich professionell nicht nur am Ball, wir sind alltäglich ganz dicht an den Familien und am Bedürfnis des Kindes! Und das lohnt sich!

Vielen Dank für das Gespräch.

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