Bei "Wut ist lila, Freude gelb!" wird gesungen, musiziert und ganz viel gezaubert! Was dabei herauskommt? - Ein gemeinsam komponierter Song und märchenhafte und freudvolle Interpretationen zur Kraft der Zuversicht. Wir haben die beiden Künstler*innen Zauberin Johanna Lux und Musik-Entertainer Mark Scheibe vorab getroffen.

Wie schön, dass Ihr mit dabei seid. Was hat Euch bewogen, diesen Familiennachmittag in der Form zu gestalten?

Mark Scheibe: "Wenn die Heinz und Heide Dürr Stiftung anruft, bin ich immer am Start! Dazu kommt, dass ich das Ungewisse liebe: an einem Nachmittag mit einem mir unbekannten Publikum ein Lied zu komponieren, ist ein Abenteuer. Außerdem stand ich schon mit Schlangenfrauen, Bankräubern, Bundespräsidenten und Tina Turner-Doubles auf der Bühne. Aber noch nie mit einer Zauberin!"

Johanna Lux: "Kunst ist für mich grundsätzlich ein kulturelles Ausdrucksmittel zur Verarbeitung von Ungleichgewichten und gesellschaftlicher Prozesse. Mit meiner Zauberkunst schaffe ich kleine Inseln der Freude, des Staunens und des Wunderns. So bietet das Spannungsfeld zwischen den Emotionen viel kreatives Potenzial für Zauberei.

Der von der Heinz und Heide Dürr Stiftung geplante Familiennachmittag mit dem Thema "Wut ist lila, Freude ist gelb", bietet für mich als Zauberkünstlerin die Möglichkeit auf das Wechselspiel unserer Gefühle, denn gerade bei Kindern liegen Wut und Freude oft sehr dicht beieinander, einzugehen und dies tricktechnisch zu interpretieren. Mit magischen Geschichten möchte ich verschiedene Gemütszustände und deren Transformation darstellen. Was wütend war, wandelt sich zu wohlgesonnen. Als Zauberin zeige ich Wundersames, um aus der Wut ins Staunen und damit in die Freude zu kommen."

Mark, wann warst Du das letzte Mal so richtig wütend? Und wenn ja was hat Dir geholfen, diese loszuwerden?

Mark Scheibe: "In meiner Kindheit hieß es immer: „Du stehst über den Dingen – reg Dich nicht auf wie die anderen.“ Das hat mir zwar zu einer gewissen Nonchalance verholfen, aber nicht zu einem gesunden Umgang mit Wut. Den hab ich mir später erarbeitet. Gespräche haben geholfen, exzessives Musikmachen, aufwühlende Liebesbeziehungen und therapeutische Hilfe auch. Wenn ich heute wütend werde, suche ich die Befreiung. Trennung hilft, Absagen, Selbstermächtigung. Dann Reflexion. Es ist so wichtig, die Stimme des eigenen Bedürfnisses in sich klingen zu lassen."

Und wie hast Du Dir in den letzten drei Jahren Deine Zuversicht und Optimismus erhalten?

Mark Scheibe: „Nun, ich bin ein bisschen zwanghaft darin, immer das Gute zu sehen. Ich bilde mir ein, dass jedes Hindernis nur aus Gründen der Persönlichkeitsentwicklung im Weg steht!“

Johanna, wie war das bei Dir? Wie viel Pessimismus hast Du Dir erlaubt?

Johanna Lux: „Als selbstständige freischaffende Künstlerin konnte ich meinen Beruf phasenweise nicht mehr ausüben, das führte natürlich zu Existenzängsten und Unsicherheit. Hinzu kamen die Herausforderungen als Mutter zweier schulpflichtiger Kinder durch den on/off Schulbetrieb.

Grundsätzlich sehe ich mich als eine optimistische und positiv denkende Person, doch in den aussichtslosen und ungewissen Monaten der letzten drei Jahre konnte meine gute Laune nicht immer standhalten. Verzweiflung und Unausgeglichenheit führten zu Pessimismus. In den aussichtslosen Zeiten hat mir der Austausch mit Freunden und Familie sehr geholfen, mir bewusst zu machen, was mir wichtig ist und was ich habe und dass irgendwann wieder bessere Zeiten kommen werden. In dieser Zeit musste ich auch immer wieder an die Worte des Straßenfegers von Michael Ende aus dem Buch Momo denken.

Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.“

Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: „Dann machte es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.“

Johanna, wie nimmst du die Reaktion der Kinder auf die Dauerkrisen wahr?

Johanna Lux: „Mein Eindruck ist, dass Kinder sich der Tragweite unserer modernen und aktuellen Dramen, Tragödien, Krisen und Traumata nicht bewusst sind, sofern sie nicht selbst davon betroffen sind. Die Schließung von Schulen und Kitas hatten natürlich Einfluss auf den Alltag und damit auf die Krisenwahrnehmung der Kinder. Meine Kinderzaubershows waren die letzten Termine, die gecancelt wurden und die ersten, die wieder angefragt wurden. Eltern haben alles darangesetzt, den Einfluss der Krise(n) auf den Alltag ihrer Kinder so gering wie möglich zu halten. Kinder leben im Hier und Jetzt und nehmen dankbar und selbstverständlich schöne Momente an. Dieses kindliche (Un-)Bewusstsein sollten wir uns als verkopfte Erwachsene in einer kleinen Schachtel im Herzen aufbewahren und herausholen, öffnen und in uns strömen lassen, wenn die Außenwelt uns verzweifeln lässt.“

Mark, was machst Du gemeinsam mit Kindern, um Zuversicht zu stärken?

Mark Scheibe: „Ich helfe Jugendlichen regelmäßig, die Bilder ihrer Seele und die Geschichten ihres Lebens in Musik und Poesie zu verwandeln. Dieser Vorgang ist befreiend und erhebend. Wer es schafft, dem Unaussprechlichen in sich eine Form zu geben und dann mit einem Orchester auf der Bühne steht und sich offenbart, erlebt die Magie künstlerischer Kommunikation. Das stärkt in aller Regel, und macht Lust aufs Leben.“

Und wie erklärst Du Kindern, was Zuversicht ist und wie sie sich diese erhalten können, Johanna?  

Johanna Lux: „Zuversicht kann nur durch Urvertrauen entstehen bzw. bewahrt werden. Für Urvertrauen und den Glauben daran, dass auch unschöne Momente überwunden werden können, braucht es ein emotional haltgebendes Fundament. Kleine Krisen, die überwunden wurden, zeigen, dass auch große Krisen überwunden werden können. Zuversicht entsteht durch Empathie, Gespräche und das Benennen von Ängsten und möglicher Lösungen. Gerade Kinder sind sehr schnell darin, den Kummer hinter sich zu lassen und zuversichtlich nach vorne zu schauen.“

Und was würdest Du Menschen sagen, die einen Familiennachmittag mit Magie und Musik in Zeiten von Dauerkrisen für „Augenwischerei“ halten?

Johanna: "Menschen brauchen Zuversicht. Und Zuversicht entsteht durch Hoffnung und den Glauben an positive Ereignisse in der Zukunft. Zusammen eine schöne Zeit verbracht zu haben, Erinnerungen an gemeinsames Lachen und Staunen ist ein kostbares Gut in unserem turbulenten und meist übervollen Alltag. Abends vor dem Einschlafen den Tag noch mal Revue passieren zu lassen und zufrieden und erfüllt einzuschlafen, das sind für mich die wichtigen und lebenswerten Momente im Familienleben. Und von diesen kann es gerne noch mehr geben!"

Und zum Schluss, was würdet Ihr Menschen auf den Weg geben, um zuversichtlich zu werden oder bleiben?

Mark Scheibe: 
„Als ich einmal in den USA war, war ich beeindruckt von der kommunikativen Leichtigkeit dort. Und vom Optimismus. Man kommt miteinander ins Gespräch. Wenn dort ein Obdachloser erzählt, dass er den Traum hat, Stadtführer zu werden, um Touristen durch seine Gegend zu führen, muntert man ihn auf und sagt, ganz ernst gemeint, „Du schaffst das!“, oder „Viel Glück!“. In Deutschland ist es wahrscheinlicher, dass man zu hören bekommt, was für ein Traumtänzer man ist. Man sollte die Realität nicht immer überbewerten – und die eigenen Ideen mit Liebe und Respekt behandeln.“

Johanna Lux: „Sich mit seinen Liebsten zu umgeben und in den Austausch über Ängste und Hoffnungen zu gehen. Denn die meisten glauben, sie seinen alleine mit ihren Gefühlen, doch die wenigsten wissen, dass es vielen so geht wie ihnen. Menschen sind soziale Wesen und der Austausch untereinander stärkt das Wirgefühl, das Verständnis füreinander und gibt somit Hoffnung und Zuversicht.“

Wir danken Euch für das Gespräch und freuen uns auf den gemeinsamen Familiennachmittag!

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